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Biostimulanzien als natürliche Helfer

Artikel von: Dr. Silvia Fluch, erschienen in: LANDWIRT 11-2025

Die Landwirtschaft steht heute vor großen Herausforderungen. Klimawandel, sinkende Bodenfruchtbarkeit und strengere Umweltauflagen erfordern neue Lösungsansätze, die umweltschonend, aber vor allem wirtschaftlich sind. Biostimulanzien können in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen. Doch was genau sind Biostimulanzien, wie wirken sie, und wie können Landwirte ihren Nutzen optimal ausschöpfen? Der Einsatz von Biostimulanzien bietet zahlreiche Vorteile für Landwirte. Sie halten Erträge vor allem unter ungünstigen Bedingungen stabil und verbessern die Bodenstruktur. Sie fördern zudem das Bodenleben, erhöhen die Nährstoffeffizienz und reduzieren somit den Bedarf an synthetischen Düngern. Ein weiterer Vorteil liegt in der Stärkung des pflanzlichen Immunsystems, wodurch die Widerstandsfähigkeit bei Trockenheit, Hitze oder Frost erhöht wird. Gleichzeitig können Biostimulanzien dazu beitragen, den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringern, indem sie natürliche Abwehrmechanismen der Pflanzen aktivieren und die Wirksamkeit der verwendeten Mittel erhöhen.

Was sind Biostimulanzien?

Biostimulanzien sind meist natürliche Substanzen oder Mikroorganismen, die die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen sowie die Bodenqualität gezielt unterstützen. Im Gegensatz zu klassischen Düngern liefern sie keine Hauptnährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor, sondern erleichtern deren Aufnahme und Nutzung durch die Pflanzen. Laut der EU-Düngemittelverordnung (EU 2019/1009) werden Biostimulanzien als Produkte definiert, die pflanzliche Ernährungsprozesse oder die Nährstoffverfügbarkeit im Boden stimulieren – und das unabhängig von ihrem Nährstoffgehalt. Nur Biostimulanzien, deren Effektivität, z. B. Ertragssteigerung, bewiesen wurde, dürfen das CE(PFC 6)-Zeichen tragen! Wichtig für den Praktiker ist aber, dass Biostimulanzien weder Pflanzenschutzmittel noch Dünger ersetzen. Sie sind jedoch eine sinnvolle Ergänzung zu beidem, und können helfen, die Aufwandmengen zu reduzieren.

rechts: behandelte Zuckerrüben, links: unbehandelt.

Arten von Biostimulanzien

Obwohl die Biostimulanzien-Kategorien sehr unterschiedlich erscheinen, haben sie alle etwas gemein: Sie regen die natürlichen Abwehrkräfte der Pflanzen an und aktivieren das Bodenleben, wenn auch unterschiedlich stark. Biostimulanzien lassen sich in zwei Hauptkategorien einteilen: nicht-mikrobielle und mikrobielle Biostimulanzien.

Nicht-mikrobielle

Biostimulanzien sind beispielsweise Algen- und Pflanzenextrakte, Huminsäuren und Proteinhydrolysate aus tierischer oder pflanzlicher Quelle, Biopolymere wie Chitosan und Alginate, aber auch mineralische Biostimulanzien sind am Markt vertreten. Zumeist bestehen sie aus Stoffgemischen wie Amino- säuren und Peptiden, Zuckerverbindungen oder Zellwandbestandteilen – alles Substanzen, die als Signalmoleküle in der Natur vorkommen und von Pflanzen und Bodenorganismen erkannt werden können.

Mikrobielle

Biostimulanzien beinhalten zumeist lebende Bakterien, Pilze oder Mykorrhiza-Pilze, die sich im Boden oder in der Pflanze ansiedeln und vermehren und unter anderem die Wasser- und Nährstoffaufnahme verbessern oder Stickstoff fixieren. Sie kommen in gesunden Böden natürlich vor und Pflanzen haben während der Evolution gelernt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Pflanzen liefern den Mikroben über Wurzelausscheidungen Zucker als Energiequelle und bekommen von ihnen Nährstoffe, aber auch Schutz gegen Infektionen.

Karottenfelder in Tirol 2024 nach einem Hagelereignis. Das rechte Feld, mit Biostimulans nach der Keimung und nach dem Hagel behandelt, zeigt weniger Schädigung und rasche Erholung. Das linke, unbehandelte Feld zeigt drei Tage nach dem Hagel teilweise 100-%-Ausfallrate.

Wirkungsweise

Um Biostimulanzien zu verstehen, ist ein Umdenken erforderlich. Sie wirken in geringen Mengen – sie bestehen meist aus Mischungen vieler verschiedener Stoffe, oft auch unterschiedlichen Ursprungs. Sie wirken entweder direkt oder indirekt auf die Pflanzen oder über den Boden, dennoch zeigen sie ähnliche Effekte – so z. B. Ertragssteigerung oder Stresstoleranz. Wie ist das möglich? Pflanzen sind es gewöhnt, dass sich ihre Umgebung kontinuierlich ändert, und dass sie sich darin behaupten müssen – gegen Kälte, Hitze, Konkurrenten oder Schädlinge. Dazu haben sie Abwehrmechanismen entwickelt. Biostimulanzien aktivieren diese pflanzeneigenen Überlebensme- chanismen, regen Toleranzreaktionen an und stärken so das pflanzliche Immunsystem. Das geschieht über Signalmoleküle in den Biostimulanzien (Peptide, Zucker, organische Säuren), die Pflanzen und Mikroorganismen lesen und als Signal wahrnehmen, um ihre Stressabwehr zu aktivieren.

Mehr Energie

Biostimulanzien entfalten ihre Wirkung auf verschiedene Weise. Manche wirken eher über die Pflanze, andere eher über den Boden – aber immer mit dem Effekt, dass das Bodenleben und das Pflanzenwachstum positiv beeinflusst werden. Sehr oft erhöhen sie den Chlorophyllgehalt und die Photosyntheseleistung der Pflanze, wodurch dieser mehr Energie für das Wachstum oder für die Ernährung von Mikroorganismen im Wurzelraum zur Verfügung steht.

Stresstoleranz

Eine der wichtigsten Funktionen von Biostimulanzien ist die Erhöhung der Toleranz gegenüber abiotischem Stress. Pflanzen stehen regelmäßig unter dem Einfluss ungünstiger Umweltbedingungen wie Hitze, UV, Trocken- heit oder Kälte – Auslöser von zellulärem Stress durch Bildung freier Sauerstoffradikale in den Zellen. Durch sie werden Membranen und Proteine geschädigt und die optimale Pflanzenentwicklung erheblich eingeschränkt. Biostimulanzien helfen bei der Regulation dieser Stressfaktoren und führen zu einer Reduktion der Zellschädigung. Durch die Verwendung von Biostimulanzien kann die Pflanze Wasser besser nutzen und dadurch mit Trockenperioden besser umgehen. Die Produkte stärken Zellwände und Zellmembranen, erhöhen die Produktion von Antioxidantien und erhöhen so die allgemeine Resilienz gegen abiotischen Stress.

Wurzelmasse einer mit Biostimulanzien behandelten Mais-Jungpflanze.

Boden-Mikroorganismen

Darüber hinaus verbessert sich die Nutzungseffizienz von Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Kalium, aber auch von Spurenelementen, deren Verfügbarkeit durch die aktivierten Bodenmikroorganismen steigt. Benefizielle Mikroorganismen sind in der Lage, Phytohormone zu produzieren, die das Pflanzenwachstum anregen. Gleichzeitig wurde auch beobachtet, dass diese Mikroben (z. B. Trichoderma) das Wachstum von Bodenpathogenen regulieren können. Pilzliche Biostimulanzien, vor allem Mykorrhiza-Pilze, vergrößern die Wurzelfläche der Pflanzen und helfen Nährstoffe und Wasser aus dem Boden zu sammeln. Sie besiedeln viele verschiedene Nutzpflanzen. Raps oder Zuckerrübe gehören jedoch nicht zu diesen Pflanzen.

Mehr Wurzelbiomasse bei Sonnenblume: Biostimulanzien fördern die Wurzelbildung – links: unbehandelte Kontrolle – rechts: zweimalige Blattapplikation eines nicht-mikrobiellen Biostimulans.

Stickstofffixierung

Knöllchenbakterien in Leguminosen können Luftstickstoff in pflanzenverfügbaren Stickstoff umwandeln, und diese Fähigkeit wird zur natürlichen Stickstoffdüngung eingesetzt. In den letzten Jahren wurden auch Bakterien entdeckt, die in Blättern leben und ebenfalls Luftstickstoff pflanzenverfügbar machen. Doch wie so oft, liegt die Schwierigkeit im Detail. Knöllchenbakterien binden je nach Wirtspflanze etwa 50–400 kg N/ha – frei lebende, stickstoffbindende Bakterien können theoretisch unter optimalen Bedingungen maximal 10 % davon (5–40 kg) liefern. Feldversuche haben diese Erfolge bis jetzt nicht erreichen können, denn Bakterien brauchen dafür optimale Bedingungen, die im Freiland nur äußerst schwer zu erreichen sind. Derzeit können stickstofffixierende Bakterien synthetischen Stickstoff nicht ersetzen. Sie können als zusätzliche Maßnahme betrachtet werden, um Düngerkosten möglicherweise etwas zu reduzieren.

Übersicht über Biostimulanzien

Bakterien

Pilze

Algen/Pflanzenextrakte

Huminstoffe

Proteinhydrolysate

Biopolymere

Mineralische

Substanzen

Beispiele:

-Bacillus

-Rhizobien

(PGPR)

-Azospirrilum

-Pseudomonas

-EM**

Beispiele:

-Trichoderma

-Mykorrhizapilze

(AFM)

Algen

-Ascophyllum

-Ecklonia

-Mikroalgen

Stoffgemische:

-Terpene

-Phenolische

Verbindungen

-Phytohormone

-Saponine

-Antioxidantien

Auszüge:

-Heublumentee*

-Schachtelhalm-

Auszug*

-Fulvosäuren

-Huminsäuren

-Komposttee*

Peptide und

Aminosäuren

aus tierischen

oder

pflanzlichen

Reststoffen

Beispiele:

-Chitosan

-Alginat

-Zellulose

Silizium

Silikate

Zeolith

Selen

*Auszüge sind durch mikrobiellen Abbau entstanden;
** Mischung verschiedener Bakterien durch Milchsäuregärung vermehrt

Besserer Boden

Biostimulanzien zeigen auch positive Auswirkungen auf den Boden – der Humusgehalt und Soil Organic Matter (SOM) steigt bei regelmäßiger Anwendung. Durch das aktivierte Bodenleben verbessert sich die Bodenstruktur und in weiterer Folge die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens. Das reduziert auch die Erosionsgefahr. So fördern Biostimulanzien die Besiedelung der Bodenpartikel mit nützlichen Mikroorganismen. Dadurch wird der Boden feinkrümeliger und leichter bearbeitbar. Eine höhere mikrobielle Diversität und Aktivität beschleunigt die Umsetzungen im Boden (Strohrotte) und führt so langfristig zur Verbesserung der Bodengesundheit.

Erfolg variiert

Faktoren wie Witterung, Bodenbeschaffenheit, Anbausysteme und Fruchtfolgen beeinflussen den Erfolg von Biostimulanzien. Auch die Kombination mit Düngung und Pflanzenschutzmitteln spielt eine entscheidende Rolle. Um den Einsatz von Biostimulanzien optimal zu gestalten, sollten Landwirte einige Grundprinzipien beachten. Die Anwendung ist besonders in stressanfälligen Regionen, bei schwachen Böden, zu erwartender Hitze oder Trockenheit oder als Akutbehandlung nach mechanischen Schäden (z. B. Hagel) sinnvoll. Der richtige Zeitpunkt spielt ebenfalls eine Rolle – frühzeitige Applikation fördert die Wurzelentwicklung und die Stressresistenz. Zudem empfiehlt sich eine Kombination mit weiteren Maßnahmen, der gezielte Einsatz von Düngung und Pflanzenschutz sowie eine durchdachte Fruchtfolge und Gründüngung. Die langfristige Nutzung von Biostimulanzien kann die Bodenbiologie nachhaltig verbessern und so zusätzlich zu stabileren Erträgen führen.

Fazit

Biostimulanzien werden zunehmend als vielversprechendes Werkzeug für eine nachhaltige Landwirtschaft betrachtet. Insbesondere ihre Fähigkeit, Pflanzen gegenüber abiotischem Stress wie Trockenheit oder Hitze widerstandsfähiger zu machen, rückt in Zeiten des Klimawandels verstärkt in den Fokus. Jedoch ist die Wirkung von Biostimulanzien nicht immer gleichbleibend. Ihre Wirksamkeit ist stark von den Umweltbedingungen und der Bodenbeschaffenheit abhängig. Während zahlreiche Studien positive Effekte auf Pflanzenwachstum und Stressbewältigung belegen, gibt es auch Forschungsergebnisse, die inkonsistente Ergebnisse zeigen. Auch stellt die wissenschaftliche Absicherung der komplexen Wirkmechanismen der Interaktion von Biostimulanzien mit Pflanzen und dem Bodenmikrobiom eine Herausforderung dar. Zusammenfassend bieten Biostimulanzien interessante Möglichkeiten zur Unterstützung nachhaltiger Bewirtschaftungssysteme, ihre Anwendung erfordert jedoch eine differenzierte Betrachtung.

Soja zur Reife: mit Biostimulans behandelt (rechts), unbehandelte Kontrolle (links). Die behandelten Pflanzen sind länger gesund.

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